Neuropathischer Schmerz/CRPS
Starke Schmerzen, die plötzlich und scheinbar grundlos auftreten, werden als neuropathische Schmerzen bezeichnet. Solche Schmerzen hinterlassen keine sichtbaren Anzeichen am Körper oder auf der Haut, sondern werden durch Schädigungen direkt im Nervengewebe ausgelöst.
Hauptsymptom eines Chronic Regional Pain Syndrom sind die einen Eingriff oder einen Unfall deutlich überdauernden stärksten Schmerzzustände, dazu kommt eine Temperaturdifferenz zwischen der betroffenen Region und dem Körper, häufig Unterschiede in der Behaarung und beim Schwitzen.
CRPS - Complex Regional Pain Syndrom
Als Paul Sudeck 1866 in Tübingen geboren wurde, ahnte er noch nicht, dass er später als Chirurg der Namensgeber für diese schwere Erkrankung werden sollte.
Auszug aus der Leitlinie für die Diagnostik und Behandlung des CRPS:
Ein CRPS entwickelt sich nach einem Trauma im Bereich der distalen Extremitätenabschnitte. Dabei hält sich die Symptomatik nicht an Innervationsterritorien. Nur extrem selten kommt es im Verlauf zum Ausbreiten der Symptomatik auf andere Extremitäten. Eine Schmerzstärke von ≥ 5 noch 1 Woche nach distaler Radiusfraktur kann ein Indikator für ein sich entwickelndes CRPS sein.
Die Diagnosestellung erfolgt nach definierten klinischen Kriterien, sofern Erkrankungen, die ein CRPS imitieren können, ausgeschlossen wurden. Apparative Untersuchungen (Knochenszintigraphie, Temperaturmessung, Bestimmung einer Druckschmerzhyperalgesie über distalen Gelenken und nach Replikation der ersten Ergebnisse auch die Messung von Osteoprotegerin) können zur Bestätigung der klinischen Diagnose insbesondere bei zweifelhaften Fällen hinzugezogen werden. Sie sind aber aufgrund mittlerer Sensitivität (ca. 75%) nicht geeignet, ein CRPS auszuschließen.
Wenn keine komplizierenden Faktoren dazukommen und eine adäquate Therapie rechtzeitig eingeleitet wird, ist die Prognose eines CRPS nicht zwangsläufig schlecht. Mit 1 Jahr dauernden relevanten Schmerzen vor allem bei Belastung muss in den meisten Fällen gerechnet werden, oft auch länger.
Komplizierende, die Chronifizierung fördernde Faktoren sind schmerzhafte Therapieverfahren, ungerechtfertigte invasive Maßnahmen und psychische Komorbiditäten bzw. große Ängstlichkeit.
Wichtig ist die Abgrenzung von Traumafolgen, die nicht durch das CRPS selbst bedingt sind, aber von Patienten damit in Verbindung gebracht werden wie Knochenmarködeme, Arthrosen, myofasziale Beschwerden und Veränderungen proximaler Gelenke aufgrund der CRPS-assoziierten Schonhaltung (Beispiel ist die Einsteifung des Schultergelenkes durch Nichtgebrauch des Armes).
Realistische Therapieziele sind Schmerzkontrolle und weitgehende Wiedererlangung der Funktion. Allerdings bleibt häufig eine Restsymptomatik oder verminderte Belastbarkeit, was die Wiedereingliederung vor allem in körperlich anstrengende Berufe erschwert. Die Therapie sollte immer eine Kombinationstherapie aus nicht medikamentösen und medikamentösen Maßnahmen sein. Nur in Ausnahmefällen sollten interventionelle Therapieformen zur Anwendung kommen. Die Mitarbeit der Patienten ist unerlässlich, aber ein schwer zu kalkulierender Faktor.
(https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-116l_S1_Schmerzsyndrome_CRPS_2018-09.pdf)
Ursachen und Risikofaktoren von neuropathischem Schmerz
Die Ursachen für Nervenschädigungen, die neuropathische Schmerzen auslösen, sind vielfältig, häufig tritt der Schmerz erst einige Zeit nach der ursächlichen Nervenschädigung auf. Typischerweise verläuft der Schmerz entlang eines Nervs – so zum Beispiel auch bei neuropathischem Schmerz infolge einer Gürtelrose. Bei der Gürtelrose handelt es sich um eine Infektion mit dem Herpesvirus, das auch für Windpocken verantwortlich ist. Nach Ausheilen der Gürtelrose kann es zu chronischem Schmerz entlang des betroffenen Nervs kommen. Dieses Phänomen heißt Post-Zoster-Neuralgie.
Symptome von neuropathischem Schmerz
Betroffene beschreiben ihre Schmerzen häufig als brennend, elektrisierend, ziehend oder auch heiß. Darüber hinaus kommt es zu weiteren Missempfindungen wie Kribbeln oder Juckreiz. Eine weitere Begleiterscheinung neuropathischer Schmerzen ist die Allodynie: Dabei handelt es sich um eine Überempfindlichkeit des betroffenen Hautareals, die dazu führt, dass bereits sanfte Berührungen oder leichte Kälte‑ bzw. Wärmereize als schmerzhaft wahrgenommen werden.
Neuropathischer Schmerz wird auch als Nervenschmerz bezeichnet.
Diagnostik von neuropathischem Schmerz/CRPS
Zur Diagnostik gehören eine ausführliche Anamnese – bei der der Arzt die genauen Symptome und die Entstehungsgeschichte der Schmerzen erfragt –, eine körperliche Untersuchung sowie die Erfassung von Schmerzqualität, Schmerzstärke und Ausbreitung der Schmerzen. Dafür kommen gegebenenfalls Fragebögen auf elektronischer Basis zum Einsatz.
Ebenfalls sollten mögliche Differenzialdiagnosen berücksichtigt und ausgeschlossen werden. Dabei handelt es sich um andere Erkrankungen, die jedoch dieselben oder ähnliche Symptome auslösen.
Eine Schwierigkeit bei der Diagnose stellt das häufige Bedürfnis von Ärzten und Betroffenen dar, die genaue Ursache der Schmerzen herauszufinden und greifbar zu machen – sie wünschen sich deswegen einen Befund mittels Röntgenbildern oder durch neurologische Untersuchungen. Bei neuropathischem Schmerz gibt es jedoch keine Möglichkeit, die Erkrankung durch bildgebende Verfahren oder andere Untersuchungen genau zu diagnostizieren, da die schmerzleitenden Fasern nicht mit Geräten untersucht werden können.
Für die Diagnostik des CRPS wird die "Budapester Tabelle" verwendet. Hier werden die notwendigen Kriterien aufgeführt, die für diese Diagnose nötig sind. Wichtiger Hinweis: Ein CRPS ist stets eine klinische Diagnose eines darin erfahrenen Arztes. Das Fehlen bzw. Unsicherheiten bei einigen Kriterien dürfen nicht die klinische Diagnose verhindern.
Therapiemöglichkeiten bei neuropathischem Schmerz/CRPS
Für die Behandlung neuropathischer Schmerzen stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Eine medikamentöse Behandlung kann dabei neben Schmerzmitteln auch die Gabe weiterer Medikamente beinhalten, um die Funktion der Nerven zu normalisieren und zu stabilisieren. Dafür kommen Antidepressiva und sogenannte Neuroleptika oder auch Antikonvulsiva zum Einsatz.
Die Behandlung neuropathischer Schmerzen erfolgt mit verschiedenen Medikamenten.
Darüber hinaus kommen – in Abhängigkeit von der Ursache der Schmerzen – auch Injektionen oder operative Verfahren wie ein Schmerzschrittmacher zum Einsatz.
Das CRPS ist die einzige Erkrankung, bei der eine sehr frühzeitige stationäre multimodale Schmerztherapie indiziert ist.
Wann sollten Betroffene wegen neuropathischer Schmerzen zu einem Arzt gehen?
Bei unklaren starken Schmerzen sollte frühzeitig ein Arzt aufgesucht werden. Eine frühe Diagnosestellung und wenn möglich eine anschließende ursächliche Behandlung sind wichtig, um einer Chronifizierung der Schmerzen vorzubeugen.