Medikamentöse Schmerzbehandlung
Von vielen Patienten wird große Hoffnung auf die medikamentöse Schmerzbehandlung gesetzt. Tatsächlich kann diese sehr wirksam sein und ist ein wertvoller Baustein in der multimodalen Schmerztherapie. Wir sehen unsere Aufgabe darin, Sie bei der Entscheidung zu beraten, ob eine medikamentöse Schmerztherapie für Sie sinnvoll sein kann. Unser Ziel ist es, die besten Medikamente bezüglich des gewünschten Effekts mit möglichst wenigen Nebenwirkungen in einer optimalen Dosis zu finden.
Warum kann eine medikamentöse Schmerzbehandlung für Schmerzpatienten sinnvoll sein?
Mithilfe von Schmerzmedikamenten lassen sich Schmerzen oft so behandeln, dass sie in den Hintergrund treten und nicht mehr das gesamte Leben bestimmen. Dies eröffnet dann wieder mehr Möglichkeiten für neue Aktivitäten und auch mehr Lebensfreude.
In der Regel lassen sich zum Beispiel Arthroseschmerzen in einem frühen und mittleren Stadium ebenso wie Nervenschmerzen recht gut behandeln. Das gilt auch für die medikamentöse Behandlung von Migräne (in Kombination mit einer Verhaltenstherapie). Für das Fibromyalgiesyndrom eignen sich eher nichtmedikamentöse Verfahren. Mithilfe einer medikamentösen Schmerzbehandlung kann auch der Schlaf verbessert werden. Ebenso kann die körperliche Funktionsfähigkeit gesteigert werden, zum Beispiel durch Verlängerung der Gehstrecke.
Die Auswahl von Schmerzmedikamenten erfordert pharmakologisches Wissen und Erfahrung: Es müssen Medikamente gewählt werden, die zu der jeweiligen Schmerzart passen und die vom Patienten auch langfristig gut vertragen werden. Bei einer Medikamenteneinnahme muss man sehr genau darauf achten, dass der Nutzen für den Patienten größer ist als mögliche Nachteile durch Nebenwirkungen. Bei komplizierten Schmerzerkrankungen und älteren Patienten ist dies oft nur durch viele Gespräche und gute Beobachtung möglich. Dafür ist besonders bei älteren Menschen in manchen Fällen ein stationärer Rahmen mit engem Kontakt notwendig.
Selbstverständlich gibt es Patienten, die Medikamente aus unterschiedlichen Gründen nicht nehmen möchten oder eine naturheilkundliche Behandlung vorziehen. Das respektieren wir selbstverständlich und beraten diesbezüglich gerne.
Schmerzmedikamente sind ein sehr wichtiger Baustein in der Schmerzbehandlung. Ein Erfolg in der Schmerzbehandlung stellt sich jedoch meistens nur durch die Kombination mit intensiven nichtmedikamentösen Verfahren wie Schmerzpsychotherapie, Schmerzphysiotherapie und ähnlichen Behandlungsansätzen ein.
Bestimmte Schmerzarten sprechen besser auf Schmerzmedikamente an als andere.
Cannabis - ein Schmerzmittel?
Cannabis ist sein Jahrtausenden bekannt. Seit 2017 kann der Arzt "Medizinal-Cannabis" verordnen. Nach unseren sehr umfangreichen Erfahrungen ist Cannabis aber nicht das Universal-Schmerzmittel, welches unseren Patienten gut helfen kann.
Durch umfangreiche Investitionen vor allem in Medienarbeit ist es den Herstellern gelungen, in Deutschland ein Bild entstehen zu lassen von einer "ganzheitlichen Medizin", bei der keinerlei Nebenwirkungen auftreten.
Tatsache ist: Cannabis macht eher high als schmerzfrei. Die meisten Hoffnungen gehen daher nicht in Erfüllung - die Mehrzahl der Schmerzpatienten setzen Cannabis ab. Es gibt auch tatsächlich keine wissenschaftlich begründbare Vorstellung, mit welchem Mechanismus Cannabis die Schmerzen lindern sollte.
In seltenen Einzelfällen können wir aber auch das Wohlbefinden der Betroffenen mit Cannabis positiv beeinflussen. Dazu sind umfangreiche Erfahrungen bei uns vorhanden.
In der Schmerzklinik schließt die multimodale Schmerztherapie keinen Behandlungsversuch mit Cannabis ein. Wir haben lernen müssen, dass die Testung von Cannabis eben viel Zeit erfordert - die enttäuschten Patienten haben dann aber auch die Zeit für eine multimodale Beschäftigung mit dem Schmerzmodell verloren und beenden die stationäre Behandlung dann unzufrieden und haben das Gefühl, eine Chance verspielt zu haben.
Bitte besprechen Sie mit Ihrem Schmerztherapeuten oder behandelnden Arzt und erarbeiten Sie eine möglichst genaue Zielstellung ihrer Schmerztherapie.
Was ist das Ziel einer medikamentösen Schmerzbehandlung?
Unsere Patienten wünschen sich durch die schmerzlindernde Wirkung von Medikamenten eine anhaltende Verbesserung ihrer Lebensqualität und Funktion bei guter Verträglichkeit der Medikamente. Medikamente sollen möglichst wenig beeinträchtigen und möglichst viel Zugewinn an Lebensfreude bringen.
Wie funktioniert eine medikamentöse Schmerzbehandlung?
Gemeinsam mit Ihnen überlegen wir, ob und wie Ihnen eine Medikamenteneinnahme hilft, Ihr Behandlungsziel zu erreichen. Dann entscheiden wir uns für bestimmte Substanzen und versuchen, die beste Dosierung – also optimale Schmerzlinderung bei möglichst geringen Nebenwirkungen – zu finden.
Die Schmerzbehandlung soll auch nach der Entlassung immer wieder überprüft werden. Das heißt, dass manchmal die Dosis erhöht werden muss oder aber dass das Medikament abgesetzt werden kann, da die Einnahme überflüssig geworden ist. Wir achten darauf, dass Sie die besten und verträglichsten Medikamente bekommen.
Wer führt die medikamentöse Schmerzbehandlung durch?
Unsere Ärzte sind Spezialisten auf dem Gebiet der medikamentösen Schmerzbehandlung und klären Sie umfassend hierüber auf. Dies geschieht im Rahmen der Visiten und der sogenannten Edukation, wo wir Seminare zu diesem Thema mit viel Diskussionsmöglichkeit für Sie anbieten. Die medikamentöse Schmerzbehandlung wird mit Ihnen gemeinsam besprochen und geplant und auf Ihr Therapieziel abgestimmt.
Wie kann man die medikamentöse Schmerzbehandlung ambulant weiterführen?
Es ist für Sie sehr wichtig, dass eine erfolgreiche Schmerzbehandlung ambulant weitergeführt wird. In unserem ausführlichen Entlassungsbrief begründen wir, warum wir uns für bestimmte Medikamente entschieden haben. Zusätzlich versuchen wir, den direkten telefonischen Kontakt mit Ihrem einweisenden Arzt aufzunehmen, um die weitere Therapie zu besprechen. In der Regel lässt sich so Ihre Schmerzbehandlung problemlos ambulant fortführen. Falls Ihr Arzt und Sie es ausdrücklich wünschen, können wir Ihnen auch das Angebot machen, Ihre ambulante Schmerzbehandlung im Schmerzzentrum Berlin fortzuführen.
Zusammenfassung
Eine professionelle medikamentöse Schmerzbehandlung kann sehr gut helfen, Ihre Lebensqualität zu verbessern, auch langfristig. Das gelingt umso besser, je mehr Sie sich selbst „professionell“ auskennen – deswegen unterstützen wir Sie hierbei.
Lesetipps für Patienten zur medikamentösen Schmerzbehandlung
- Patientenversion der wissenschaftlichen Leitlinie „LONTS“ – Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nicht tumorbedingten Schmerzen.
- Patientenleitlinie zur Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz. Diese Patientenleitlinie ist die Patientenversion der „Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz“.
Wissenschaftliche Literatur zur medikamentösen Schmerzbehandlung (Auswahl):
- Abdulla A, Adams N, Bone M, Elliott AM, Gaffin J, Jones D, Knaggs R, Martin D, Sampson L, Schofield P; British Geriatric Society. Guidance on themanagement of pain in older people. Age Ageing. 2013 Mar;42 Suppl 1:i1-57.
- Centre for Clinical Practice at NICE (UK). Neuropathic Pain: The Pharmacological Management of Neuropathic Pain in Adults in Non-specialist Settings [Internet].London: National Institute for Health and Care Excellence, (UK); 2013 Nov.
- Cheung CW, Qiu Q, Choi SW, Moore B, Goucke R, Irwin M. Chronic opioid therapy for chronic non-cancer pain: a review and comparison of treatment guidelines. Pain Physician. 2014 Sep-Oct;17(5):401-14.
- Deng Y, Luo L, Hu Y, Fang K, Liu J. Clinical practice guidelines for the management of neuropathic pain: a systematic review. BMC Anesthesiol. 2016 Feb 18;16:12.
- Moulin D, Boulanger A, Clark AJ, Clarke H, Dao T, Finley GA, Furlan A, Gilron I, Gordon A, Morley-Forster PK, Sessle BJ, Squire P, Stinson J, Taenzer P, Velly A, Ware MA, Weinberg EL, Williamson OD; Canadian Pain Society. Pharmacologicalmanagement of chronic neuropathic pain: revised consensus statement from the Canadian Pain Society. Pain Res Manag. 2014 Nov-Dec;19(6):328-35.